TOP 3 Ratssitzung 02.07.2019: Schulbezirke

Änderung der Schuleinzugsgebiete hier: Stellungnahmen der Grundschulen und des Stadtelternrates und Entwicklung der Schülerzahlen zum Alternativvorschlag der Grundschule Damme

Vorlage: VO/0132/2019
Beschluss: Ab dem Schuljahr 2020/2021 werden die Schulbezirksgrenzen der Stadt Damme wie folgt geändert: Der Ortsteil Südfelde wird dem Schulbezirk der Grundschule Rüschendorf zugeschlagen. Die Ortsteile Bexadde, Nordhofe und Damme-Esch werden dem Schulbezirk der Grundschule Sierhausen zugeschlagen.
Abstimmungsergebnis: 21 Ja-Stimmen 4 Nein-Stimmen

Die Stellungnahme seitens der Dammer FDP-Fraktion:
Laut Ratsbeschluss vom 2. Juli 2019 werden die Schulbezirksgrenzen geringfügig verändert. Dieser Beschluss geht zurück auf eine Übereinkunft der Schulleiterinnen aller vier Dammer Grundschulen sowie der Verwaltung in Verbindung mit den drei Fraktionsvorsitzenden. Sie wird von allen Beteiligten als Minimalkonsens betrachtet.

Der Beschluss ist völlig unzureichend.
Zunächst respektieren wir selbstverständlich das Verhandlungsergebnis, da sich eine Lösung, die von allen beteiligten Schulen akzeptiert wurde, als äußerst schwierig erwies.
Als größtes Hindernis zeigte sich die Tatsache, dass die Grundschule in Osterfeine, Rüschendorf und Sierhausen katholische Bekenntnisschulen sind, nur die Dammer Grundschule nicht. Zudem besuchen die Dammer Schule genauso viel Schüler/innen wie die anderen drei zusammen.
Dabei hat die Grundschule Damme mit einem über vierzigprozentigen Anteil an Migrantenkindern – neben der Aufgabe der Inklusion - die höchsten Belastungen zu tragen, denn bei den anderen Grundschulen liegt deren Anteil im niedrigen einstelligen Bereich.
Ziel des FDP-Antrags zur Veränderung der bisherigen Schulbezirksgrenzen, innerhalb derer die Schulkinder verpflichtet sind, eine bestimmte Grundschule zu besuchen, war es, die Schülerzahlen ausgewogener zu verteilen, aber auch die Belastungen durch Integration und Inklusion nicht fast einseitig der Grundschule Damme aufzubürden. Unser Bemühen ging davon aus, dass sowohl Bekenntnisschulen wie auch nichtkonfessionsgebundene Schulen vom Land Niedersachsen den gleichen Bildungsauftrag haben und damit allen Schüler/inne/n dieselben Chancen bieten müssen.
Bei einer ausgewogeneren Verteilung auf alle Grundschulen wäre es vor allem eher möglich, dass für Migrantenkinder eine gezieltere Sprachförderung stattfindet, da in kleineren Gruppen gelernt werden kann. Und die deutsche Sprache ist bekanntlich der entscheidende Schlüssel, um dem Unterricht folgen zu können, Klassen- und Bildungsabschlüsse zu erreichen und schließlich einen auskömmlichen Beruf zu ergreifen. Je eher und intensiver dieser Sprachunterricht also stattfinden kann, desto besser für Kinder, bei denen womöglich zu Hause kein Deutsch gesprochen wird.
Integration kann überdies auch eher gelingen, wenn sich die Kinder möglichst früh untereinander gut verständigen können.
Neben dem Sprachunterricht ist es auch unerlässlich, dass Defizite durch zusätzliche oder separate Förderstunden aufgearbeitet werden können. Das gilt sowohl für Migranten- und Inklusionskinder wie für alle übrigen Schüler/innen. Auch solcher Förderunterricht in allen Schulfächern ist in Kleingruppen am effektivsten, die natürlich bei einer ausgewogeneren Verteilung der Grundschüler/innen am ehesten gewährleistet ist.
Es gab nun vonseiten der Grundschule Damme einen Vorschlag zur Schulbezirksgrenzen-Änderung, der eine ganz deutliche Entlastung dieser Schule im Hinblick auf die Gesamtschülerzahl sowie die Integrations- und die Inklusionsaufgaben bedeutet und den anderen Grundschulen, die im Übrigen zu ihrem Erhalt in Zukunft dringend mehr Schüler brauchen(!), diese Schulkinder verschafft hätte.
Dieser Vorschlag wurde schon per Schreiben der Grundschule Sierhausen im Vorfeld der Verhandlungen mit allen Schulleiterinnen, der Verwaltung und den Fraktionsvorsitzenden geradezu entrüstet abgelehnt.
Man wolle, so hieß es dort, zwar durchaus mehr Schüler, aber keinesfalls solche, die einen erhöhten Mehraufwand verursachten – sprich: insbesondere Migrantenkinder.

Leider kommt in der Argumentation der Sierhausener Lehrer- und Elternvertreter, denen sich die Rüschendorfer und Ostereiner anschlossen, nun die Bekenntnisschule ins Spiel, deren Recht es laut Konkordat des Landes Niedersachsen mit dem Vatikan von 1965 ist, alle Schüler abzuweisen, wenn der Anteil der Nichtkatholiken über 30 Prozent geht.
Nun ist gerade diese Begründung – letztlich ein Vorwand – ganz und gar nicht christ-katholisch zu nennen, denn sie bedeutet Ausgrenzung und fehlende Chancengleichheit. Bezeichnenderweise steht im Artikel 1 des Konkordats zuoberst ein Satz, der dieser Ausgrenzung diametral widerspricht.
Dort heißt es: „Das Land Niedersachsen gewährt der Freiheit, den katholischen Glauben auszuüben, und der Liebestätigkeit der katholischen Kirche den gesetzlichen Schutz.“
Mit diesem ausdrücklichen Bezug auf die christliche Nächstenliebe sollte es eigentlich ein besonderes Bestreben der katholischen Bekenntnisschulen sein, den Förderungsbedürftigen möglichst viel von den Chancen zu verschaffen, die den Katholiken wie selbstverständlich gewährt werden.
So kann sich ein Betrachter des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die hiesigen Bekenntnisschulen hinter dem Vorwand dieser formal festgelegten 30 Prozent-Regelung verstecken. Zudem scheint hier die christliche Nächstenliebe ihre Grenzen zu haben, denn die Lehrer/innen der drei Bekenntnisschulen sind trotz des gleichen Bildungsauftrags offenbar nicht bereit, ihren Kolleg/inn/en deren extreme Belastung abzunehmen.
Es ergibt sich daraus natürlich die Frage, ob es heutzutage noch zeitgemäß ist, Bekenntnisschulen beizubehalten.
Denn die Demographie der Konfessionen hat sich in Damme längst erheblich verändert. Laut Dammer Zahlenspiegel sind 2018 nur noch 64% der Einwohner katholisch, 18% evangelisch und 18% ohne oder von anderer Konfession. Und wenn ohnehin alle Schulen den gleichen Bildungsauftrag vom Land haben und demzufolge die eine Glaubensrichtung in ihrer Bezeichnung nicht bevorzugen dürfen, ist es naheliegend, diesen Status abzugeben.
Denn wenn Eltern großen Wert auf eine konfessionsgebundene Erziehung legen, gibt es für sie immer noch die Möglichkeit, ihre Kinder auf die entsprechenden Privatschulen zu schicken. Schließlich ist mit dem jüngsten Beschluss des Dammer Stadtrates keines der anstehenden Probleme gelöst, sondern angesichts des allgemein festgestellten Minimalkonsens‘ nur aufgeschoben.
Das heißt: Man wird sich in relativ kurzem Zeitraum mit dieser Angelegenheit erneut befassen müssen.
Fazit: Der jüngst gefasste Stadtratsbeschluss ist völlig unzureichend.

Für die FDP-Fraktion Wolfgang Friemerding

02.07.2019